Zoey Piosek kniet vor einem Hochbeet. In ihrer Hand hält die Siebenjährige eine kleine Dose, in der sich Gartenerde befindet. Sie schüttet die Erde vor sich aus und verteilt sie vorsichtig mit einem Finger auf dem Holzrand des Hochbeetes. Dabei entdeckt sie eine weiße Larve. Behutsam bugsiert sie den Engerling auf ihre Handfläche und zeigt ihn Doris Homann.
„Der Engerling lebt drei bis fünf Jahre im Boden und ernährt sich von Wurzeln. Dann verpuppt sich die Larve, aus der ein Maikäfer schlüpft. Der gräbt sich im Mai an die Oberfläche, fliegt umher und frisst frische Blätter“, erklärt Homann. Sie betreut als Biologin und Waldlehrerin zusammen mit Joseph Dyballa und Nina Trix-Murer die Gartenkids in Lünen. Das ist ein Projekt des BNE-Regionalzentrums Waldschule Cappenberg e. V., das von VIVAWEST unterstützt und von der Vivawest Stiftung gefördert wird.
Lernen und bewegen
Nach Ostern bis zu den Herbstferien treffen sich etwa zwölf Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren donnerstags in der Straße Hülshof 14–16, um gemeinsam den Garten zu bewirtschaften, sich auszutauschen, kreativ zu sein und zu spielen. „Wir möchten den Kindern eine Mischung aus Lern- und Bewegungsangeboten bieten. Dafür eignet sich der große Garten hervorragend“, sagt Homann. Man sei sehr dankbar, dass VIVAWEST die Fläche für die Kinder aus der Nachbarschaft kostenfrei zur Verfügung stelle. Außerdem habe das Wohnungsunternehmen eine überdachte Terrasse gebaut, damit die Kinder auch bei Regen zusammensitzen können. „Da müssen wir aber demnächst noch mal ran, im Moment ist das Dach etwas undicht“, sagt Homann.
Zoey sitzt noch am Hochbeet und hat den Engerling inzwischen wieder in die Erde gelegt. „Ich finde es toll, dass ich hierherkommen und etwas lernen kann“, sagt sie. Auf das Projekt wurde die Schülerin durch ihre ältere Schwester aufmerksam, die früher ebenfalls die Gartenkids besuchte. „Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass wir uns donnerstags hier treffen. Es ist schade, wenn der Tag vorbei ist, denn dann muss ich wieder eine Woche bis zum nächsten Treffen warten“, sagt Zoey und läuft über eine gemähte Rasenfläche auf die andere Seite des Gartens zu einem mit Ziegelsteinen eingefassten Beet. Das dürfen die Gartenkinder heute mit Kräutern bepflanzen.
Clara und Johannes Murer setzen zusammen mit Emily Paga schon die ersten Kräuter in die Erde. Rosmarin, Majoran, Thymian, Estragon, Basilikum, Petersilie, Ananassalbei und Minze. „Ich finde das Projekt gut. Wir lernen hier etwas über die Natur, das wir sonst vielleicht nicht gelernt hätten“, sagt Johannes. Clara hat inzwischen eine große Schnecke entdeckt, lässt sie kurz über ihre Hand wandern und setzt sie dann wieder ins Gras. „Ich komme gerne hierher. Wir lernen jede Woche etwas anderes, malen und spielen zusammen. Das gefällt mir“, so Clara.
Startschuss fiel 2016
Die Idee zum Projekt entstand bereits 2016. Der damals verwilderte und brachliegende Garten wurde gemeinsam mit Auszubildenden von HVG-Grünflächenmanagement, einem Tochterunternehmen von VIVAWEST, wieder hergerichtet. Homann: „Die ehemalige Waldlehrerin Annette Graf war dabei die treibende Kraft und hatte an der Verwirklichung des Projektes großen Anteil. Dafür sind wir sehr dankbar.“
Heute gibt es mehrere Hochbeete, eine große Rasenfläche zum Toben, ein Insektenhotel, Rosen und eine Gartenhütte. Auch einen Wasseranschluss können die Gartenkids nutzen, den VIVAWEST zur Verfügung stellt.
Helfende Hände gesucht
Die Pflege des rund 500 Quadratmeter großen Gartens ist allerdings mit viel Arbeit verbunden. „Wir sind nur einmal in der Woche hier. Da ist es schwierig, die gesamte Fläche ständig zu pflegen“, sagt Homann. „Wir würden uns daher über weitere Unterstützung freuen – zum Beispiel durch Senioren aus der Nachbarschaft oder Ehrenamtliche, die sich in ihrer Freizeit um den Garten kümmern.“
Eine Idee sei auch, dass der Garten im Gegenzug für eigene Zwecke genutzt werden könne. „Wer zum Beispiel sein eigenes Gemüse anbauen möchte, könnte das tun. Da werden wir sicher eine Lösung finden“, so Homann.
Info
Die Gartenkids treffen sich von Ostern bis zum Herbst jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr hinter den Häusern in der Straße Hülshof 14–16 in Lünen. Das Angebot richtet sich an Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren und ist für Kinder von VIVAWEST-Mietern kostenlos. Dreijährige Kinder müssen allerdings von einem Erwachsenen begleitet werden. Die Angebote und das Programm sind wetterabhängig. Die Kleinen treffen sich aber auch, wenn es regnet. Auf dem Programm stehen unter anderem Gärtnern, Upcycling, Naturkunde, Spielen und Malen. Wer Interesse hat oder als Hobbygärtner bei der Pflege des Gartens helfen möchte, kann sich bei der Waldschule Cappenberg unter der Telefonnummer 02306 53541 melden.