Wenige Tage vor dem Treffen mit der „bei uns“ auf dem Gelände des Technischen Hilfswerks (THW) in Gelsenkirchen fegte der erste starke Herbststurm über NRW. Holger Gerhard und seine Kollegen von der HVG Grünflächenmanagement GmbH hatten an diesem Tag viel zu tun. „Es galt, umgekippte Bäume wegzuräumen und Wege zu sichern“, erzählt er. Das gehört zu ihrem Job. Schließlich kümmern sie sich professionell um die Pflege und Sicherheit der Bäume in den VIVAWEST-Quartieren. Seit elf Jahren arbeitet der 37-Jährige bei HVG als Bauleiter. Er mag seine Arbeit. Zudem engagiert er sich seit fünf Jahren beim THW. Die ehrenamtliche Mitarbeit bei der THW-Ortsgruppe Gelsenkirchen verbindet ihn über den Arbeitsalltag hinaus mit seinen beiden VIVAWEST-Kollegen Dominik Reinert, 34, und Florian Seppelfricke, 25 – und das noch einmal mehr seit ihrem gemeinsamen Einsatz im vergangenen Juli bei einer der schlimmsten Flutkatastrophen Deutschlands.
Alarm und Einsatz
„Es war sofort klar, dass wir helfen“, sagt Dominik Reinert. Er ist seit zwei Jahren beim Grünflächenmanagement als Disponent tätig, beim THW war er schon als Jugendlicher. „Einige Räumgruppen, zu denen auch ich gehöre, wurden in der Katastrophennacht alarmiert. Die ersten Einsätze gingen nach Hagen und Witten, um Keller leer zu pumpen, Häuser zu sichern. Dann wurden wir nach Euskirchen abgestellt …“ Was ihn dort und später auch im Erftgebiet erwartete, beschäftigt den Familienvater immer noch sehr. In Kooperation mit der Feuerwehr Gelsenkirchen, dem DRK und Notärzten wurde zunächst ein Behandlungsplatz für Hilfe suchende und verletzte Menschen aufgebaut. „Der erste Einsatz unserer Räumgruppe war nur unweit der Stelle, an dem ein komplettes Haus weggespült worden war.“ Das Bild davon fand sich später in allen Nachrichten.
Unterwegs in der Bergungsgruppe
Richtung Katastrophengebiet Bad MünstereifeI waren Holger Gerhard und Florian Seppelfricke als Helfer in der Bergungsgruppe unterwegs. Dort lagen Strom- und Gasleitungen offen, die Kanalisation war weggeschwemmt, Häuser hatten keine Wände mehr. „So stelle ich mir ein Kriegsgebiet vor“, sagt Gerhard. Das THW-Team sorgte im Sinne der Bewohner und aus Sicherheitsgründen zunächst einmal für Beleuchtung. Zudem galt es später, Straßen freizuräumen, Sicherheitswege zu schaffen und einsturzgefährdete Bauwerke abzutragen – es gab und gibt für die Helfer vor Ort jede Menge zu tun. „Die wahnsinnige Zerstörung und das Leid der Menschen haben mich sehr mitgenommen. Teilweise sind Anwohner auf der Straße weinend zusammengebrochen“, so Holger Gerhard über die Herausforderungen beim Einsatz.
Immenses Leid, aber auch große Hilfsbereitschaft
Florian Seppelfricke, seit drei Jahren bei HVG für VIVAWEST als Baumpfleger tätig, fügt hinzu: „Das Leid im Katastrophengebiet war immens. Ich fand aber auch die Hilfsbereitschaft bemerkenswert, gerade von den kleinen Unternehmen und den vielen freiwilligen Helfern, die anreisten, um spontan zu helfen. Darunter waren auch viele junge Leute!“ Und Dominik Reinert fasst zusammen: „Naturgewalten sind nicht steuerbar, es war Zerstörung pur. Zu Hause ist man dann sehr demütig, wenn alle gesund und behütet in einer intakten Wohnung sind.“ Für einen weiteren HVG-Kollegen galt das leider nicht: Sascha Kratzke zog sich im Einsatz für das THW einen komplizierten Fußbruch zu.
Mit Booten evakuiert
Zu den vielen ehrenamtlichen Helfern gehört auch Stefan Zenk. Der Schreiner arbeitet seit vier Jahren für das RHZ Handwerkszentrum im Bereich Kleinreparatur. Während der Hochwasserkatastrophe war der 38-Jährige für die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG) im Einsatz. Zenk ist Rettungsschwimmer für den DLRG-Bezirk Bochum, der die Hilfe koordinierte. „Ich war in der Nacht auf den 15. Juli in Eschweiler“, erzählt er, „habe Menschen aus ihren Wohnungen evakuiert, teilweise per Boot.“ Er und seine Kollegen konnten mehrere Personen aus den Häusern retten. „Etwa eine schwangere Frau oder einen älteren Herrn mit offenem Beinbruch.“ Dramatische Szenen spielten sich ab, auch solche, von denen er nicht erzählen möchte. Am Schluss spricht Zenk aus, was für alle vier Helfer und VIVAWEST-Mitarbeiter gilt: „Natürlich muss auch der Arbeitgeber mitspielen, damit wir so im Einsatz sein können.“