Was wir bewegen

Kulturelle Brücken bauen

Die Stadt-Insel in Lünen bietet Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein vielfältiges Freizeitangebot. Das stellen unter anderem FSJler auf die Beine. Einer von ihnen ist Komil Amonov aus Usbekistan.

Es ist ruhig an diesem sommerlichen Junitag. Nur das Knattern eines Motors durchbricht die Stille an der Friedrichstraße in Lünen. Schnell ist klar, woher das Geräusch kommt: Ein junger Mann schiebt einen Rasenmäher durch den großen Garten der Stadt-Insel. Er sieht angestrengt aus, kein Wunder bei der Hitze. Gleich sind die letzten Meter geschafft, der Rasen ist wieder kurz. Er stellt das Gerät ab, setzt sich auf eine angrenzende Terrasse und nimmt erst einmal einen großen Schluck Wasser aus einem Glas.

Der junge Mann, der hier gerade den Garten pflegt, heißt Komil Amonov. Er kommt aus Samarkand, einer Stadt in Usbekistan. Der 27-Jährige absolviert derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der StadtInsel, einer Einrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde, die sich mit ihrem Angebot an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene richtet (siehe Infokasten). „Vormittags kümmere ich mich zum Beispiel um Haus- und Gartenarbeiten, repariere Spielzeug und erledige Büroarbeiten. Nachmittags widme ich mich den Kindern, die die StadtInsel besuchen, sodass auch der pädagogische Teil nicht zu kurz kommt“, sagt Amonov.

Eine Institution in Lünen

Die Stadt-Insel ist ein fester Bestandteil des Geistviertels in Lünen – und auf Menschen wie Komil Amonov angewiesen. Da die Einrichtung keine öffentliche Förderung erhält, setzt sie zusätzlich auf ehrenamtliche Helfer und Unterstützer, die die wertvolle Arbeit mitfinanzieren. Dazu gehört auch die Vivawest Stiftung. „Dass wir den Kindern und Jugendlichen das ganze Jahr über abwechslungsreiche Projekte, Freizeiten und Ausflüge anbieten können, verdanken wir vor allem unseren zahlreichen Unterstützern wie der Vivawest Stiftung“, sagt Dirk Berger, der die Einrichtung leitet. Täglich kämen zwischen 13 und 30 Kinder und Jugendliche nach der Schule hierher, um ihre Freizeit zu verbringen und Freundschaften zu schließen, so der Leiter.

Um sie kümmert sich unter anderem Amonov – und bringt dafür gute Voraussetzungen mit. In seiner Heimat hat er Germanistik studiert und nebenbei an einer Schule Deutsch unterrichtet. „Meine Schüler haben mich immer gefragt, ob ich neben der deutschen Sprache auch die deutsche Kultur kennengelernt habe. Jetzt kann ich diese Frage endlich mit Ja beantworten“, sagt er.

Neue Kulturen entdecken

Über das Engagement freut sich Berger: „Mir ist es wichtig, dass die Stadt-Insel über den Tellerrand schaut und auch kulturelle Brücken baut. Das heißt für uns, dass wir eine der drei FSJ-Stellen gerne mit Menschen aus dem Ausland besetzen. In den vergangenen Jahren hatten wir schon tolle Mitarbeiter aus Indonesien, Kolumbien und von der Elfenbeinküste bei uns.“

Neben Berger leitet Esther van Hal ebenfalls die Stadt-Insel: „Wir arbeiten mit dem Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche in Westfalen zusammen, das die FSJler aus dem Ausland an Einsatzstellen in Deutschland vermittelt und als Ansprechpartner für die Jugendlichen vor Ort fungiert.“ So wurde auch der Usbeke auf die freie Stelle aufmerksam.

Was ihm den Start in Deutschland erleichterte, waren die herzlichen Kollegen und auch die Wohnung, die VIVAWEST zur Verfügung stellte. Ganz in der Nähe der StadtInsel bewirtschaftet das Wohnungsunternehmen das Quartier „In der Geist“ in grüner und ruhiger Lage. „Die Wohnung ist schön groß, nah an der Arbeit, und ich habe sehr nette Nachbarn“, sagt Amonov.

Buntes Freizeitprogramm

Entsprechend gut hat sich der 27-Jährige eingelebt. Die Arbeit liegt ihm, vor allem die Projektplanung. Die sieht vor, jeden Wochentag unter ein bestimmtes Motto zu stellen. Montags gibt es frische Waffeln für Kinder und Familien, dienstags wird gebastelt, mittwochs gemeinsam gekocht oder gebacken. Der Donnerstag steht ganz im Zeichen von Spiel, Spaß und Sport, während am Freitag die Abenteuer-AG an der Reihe ist, bei der die Betreuer zum Beispiel eine Schnitzeljagd organisieren.

Aber auch die FSJler und Freiwilligen sollen nicht zu kurz kommen. Deshalb werden für sie mehrmals im Jahr Ausflüge wie Kanufahrten oder mehrtägige Exkursionen, zum Beispiel nach Thüringen oder Brüssel, organisiert.

Doch auch wenn sich Amonov hier mittlerweile wie zu Hause fühlt, gibt es immer noch einige kulturelle Unterschiede, an die er sich bisher nicht gewöhnt hat. Das betrifft zum Beispiel die Anrede. „In Usbekistan siezt man ältere Menschen immer, das ist bei uns ein Zeichen von Respekt“, erklärt der junge Usbeke. Und obwohl sich in der Stadt-Insel alle duzen, siezt er seine älteren Kollegen nach fast einem Jahr in Deutschland weiterhin.

Ein krönender Abschluss

Ende Juni neigte sich die Arbeit für Amonov bereits dem Ende zu. Zum Abschluss stand noch ein von den FSJlern organisiertes Abschlussprogramm an. Bei der Sport-, Spiel- und Spaßwoche Mitte August betreute der 27-Jährige rund 40 Kinder. Im Vorfeld musste er die Programmpunkte und das Budget für die Aktionen planen. „Das hat mir Spaß gemacht, auch wenn es keine leichte Aufgabe war, alles im Blick zu behalten“, so der Usbeke.

Traditionell inszeniert die Stadt-Insel jedes Jahr gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen ein Musical – diesmal über die Geschichte des Apostels Paulus. Auch hier packte Amonov hinter den Kulissen tatkräftig mit an

Ein neues Kapitel beginnt

Seine Zeit in Deutschland ist nach dem FSJ jedoch noch nicht vorbei. Als Nächstes arbeitet er für ein weiteres Jahr an der offenen Ganztagsschule im benachbarten DortmundKirchderne. „In Zukunft möchte ich hier Kindern aus Willkommensklassen und Flüchtlingen Deutsch beibringen“, sagt er.

Dafür hat er bereits erfolgreich die sogenannte C1-Sprachprüfung abgelegt. Auch um eine neue Bleibe muss sich Komil Amonov vorerst keine Sorgen machen, denn der 27-Jährige kann in der von VIVAWEST zur Verfügung gestellten Wohnung in Lünen bleiben.

Das ist die Stadt-Insel

Seit 2003 betreibt die Evangelische Kirchengemeinde Lünen die Stadt-Insel. Kinder und Jugendliche profitieren hier von thematischen Gruppen, Vorort- und Wegfahrfreizeiten, dem Jugendtreff sowie von regelmäßigen Familientreffen. Die Einrichtung bietet Raum für Vielfalt, Angebote zum Experimentieren, Spielen und Lernen.